Kaufen ist Macht

Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Wohlgefühl des Kaufens und der eigenen gesellschaftlichen Stellung? Anders gefragt: Ist das notorische Shoppen, das der Mainstream gern als peinliche, typisch weibliche Neigung diffamiert, womöglich eine Kompensation der Machtlosigkeit im Beruflichen und Privaten?

Kein Zweifel, der Klick auf den Bestellbutton beim heutigen Online-Kauf des neuen Gartentischs hat so richtig gut getan. Ich hatte schon zu lange nichts mehr bestellt – kaufen macht doch süchtig. Die Endorphine rasselten nur so durch mein System. Wo sonst kann ich meine bescheidene Entscheidungsmacht so ungehindert ausleben wie beim Einkauf. Erst recht, wo heute doch jeder Kunde so umgarnt wird.

Allerdings: Nichts läge mir ferner als das klassische Shoppen, das ja – so will es das Klischee – meine Geschlechtsgenossinnen so unermüdlich betreiben. Vollbepackt mit Taschen, Tüten und Paketen durch eine Unzahl Outlets stolpern, bis die Hand kaum noch das Prosecco-Glas halten kann vor rauschhafter Erschöpfung. Solche grausige Szenarien vor dem inneren Auge machen aus mir ein willfähriges Bestellsubjekt des Versandhandels. Gegenprobe: Wie ist es mit Menschen, die Macht haben, die beruflich oder privat das Sagen haben und heute Monsanto kaufen, morgen eine Fluglinie? Macht denen das einfache Kaufen auch Spaß, oder heißt es da, „kaufst du noch oder lebst du schon?“, wenn man sich am wohlverdienten Wochenende auf der Jacht in Saint Tropez fläzt? Ich glaube, der Spruch vom Kunden als König hat nicht nur aus Marketingsicht seine Berechtigung. Auch wenn man sonst im Leben gar nichts zu vermelden hat: Ob man die rote oder die gelbe Marmelade bei Aldi kauft, ist immer noch eine höchstpersönliche eigene Entscheidung, die ein klein wenig glücklich macht. Denn Kaufen ist Macht!

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